… und trotzdem fasziniert es uns noch heute: Die Zeit des Beginns unserer Zivilisation, wie wir ihn anchvollziehen können. Diesmal geht es um die Himmelsscheibe von Nebra, die noch immer für Fachwelt edin Rätsel ist. Wer genau hat sie gemacht und warum? Woher kommt dieses einzigartige Stück wirklich? Wofür hat man sie gebraucht?
Das Rätsel der Himmelsscheibe liegt im Dunkeln. Natürlich gibt es Hypothesen und Annahmen. Aber die Wirklichkeit kennt keiner.
Ulf Schiewe hat sich eine phantasievolle Erklärung einfallen lassen: „Die Kinder von Nebra.“ Hauptfigur ist Rana, eine Priesterin der Destarte, der Göttin des Lichts. Gab es die bei den alten Germanen? Nein! Aber die Idee, es hätte eine gegeben haben können, die ähnlich der semitischen Astarte für das Licht und die Wiederkehr der Sonne zuständig gewesen wäre, ist schön. So hatten die Germanen nur den Asen Sunna, der im Buch einmal kurz als Sol Erwähnung findet. Auch die übrige Götterwelt entspricht nicht dem, was uns die Edda hinterlassen hat, sondern ist ein recht bunter Mischmasch aus antiken Kulturen. Nicht historisch getreu, aber originell, wenn man sich einmal darauf eingestellt hat, dass hier mehr Fantasie mitspielt als historische/mythische Wahrheit. Man hätte es vielleicht nicht unbedingt als „historischen Roman“ bezeichnen sollen, sondern mehr ins Genre „Fantasiegeschichte mit historischem Kontext“ schieben sollen. Schiewe erklärt seine Vorgehensweise leider erst im Nachwort.
Natürlich hat Priesterin Rana auch einen Gegenspieler, der als männlicher Macho per excellence und prähistorischer Blofeld im ganzen Land den Glauben an den Fürsten der Unterwelt verpflichtend gemacht hat. Satanische Züge!
Schön ist, dass auch die „Waldmenschen“ mitspielen durften, die Alben – Völker, die vorher hier lebten, von den „Eingewanderten“ vertrieben wurden und sich in den Wald zurückzogen, wo sie, wie die Amish, nach alten Regeln und Gesetzen leben und sich natürlich als Helfer auf die Seite des Lichts schlagen.
Persönlich finde ich, er hat eine schöne Erklärung für diese Scheibe gefunden. Sie diente als Symbol für die Wiederkehr des Lichts, die Abschaffung der satanischen Riten, der Einigkeit und des gemeinsamen Kampfes.
Natürlich gab es einen Kampf, einen Krieg, Tote, Verluste, brennende Häuser – ganz nach dem heutigen Motto „Ohne Action kein Satisfaction“. Ich persönlich habe diese Seiten überblättert und maximal quer gelesen. Ohne die Kriegsschilderungen wäre das Buch allerdings recht dünn geblieben – und die meisten mögen ja Schlachtengeklapper, weil’s so ein gutes gruseliges Gefühl vermittelt.
Für mich las es sich fast wie ein Vergleich mit diesen Zeiten. Auch wir derzeitig die Erde Bewohnenden sind auf der Suche nach dem Licht. Viele rennen satanischen Gedanken hinterher, beschäftigen sich mehr mit dem Dunklen als mit den Schönheiten von Licht und Liebe. Heute nennt man es „Aufwachen“ und die Priesterin Rana wäre eine Schamanin. Schön, dass sich manche Dinge nie ändern – und durch die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch die Hoffnung bestand, dass sich die Menschen endlich dem Licht zuwenden. Vielleicht klappt es ja diesmal.
Bei Ulf Schiewe hat es die Priesterin Rana geschafft: Das Böse ist besiegt und das Licht regiert die Welt in Einheit.
Vom Schreibstil her, finde ich es etwas einfach. Es ist mehr wie ein Bericht geschrieben, die Sichtweisen wechseln und gefühlsmässig bleibt es an der Oberfläche. Man lernt die wichtigen Personen von ihrem Inneren her nicht richtig kennen. Auch sind Dialoge und Beschreibungen in recht moderner Sprache gehalten, was das Lesen sicher einfach macht, aber das Lesegefühl mindert, dass man hier wirklich in prähistorische Zeiten „reist“. Viele Angaben, wenn auch gut und detailliert recherchiert, gehen nicht ins Detail, vermitteln, keine Gefühle oder Ansichten/Meinungen der Mitwirkenden, obgleich das oft mit wenigen Worten möglich gewesen wäre. Das ist ein wenig schade.
FAZIT: Der uralte Kampf zwischen Hell und Dunkel, Licht und Schatten, Gut und Böse. Ein leicht zu lesendes Buch, das einen duchaus spannenden Einblick auf das Leben von vor 4000 Jahre gibt, denn es sind viele tatsächliche Gegebenheiten eingearbeitet. Nicht nur historischer Art, sondern auch Haushaltsgeräte, Schmieden, Pferde, Strafen, Streitwagen, Langhäuser, Beerdigungsriten usw. Durchaus lesenswert, wenn man einmal abspannen, in andere Welten versinken will, nicht unbedingt historische Treue erwartet und „leichte“ Lektüre mag.