Mein 2020 – der Jahresrückblick

Ein verrücktes Jahr, das mir so ziemlich alles vor die Füße geworfen hat, was man sich vorstellen kann. Ich habe ausgiebige Home-Office Erfahrungen machen dürfen, habe Reisebeschränkungen erfahren, von denen ich nie glaubte, dass ich sie zu meinen Lebzeiten jemals sehen würde – und habe menschliche Verhaltensweisen und politische Entscheidungen rund um mich herum gesehen, von denen ich ebenso wenig glaubte, diese jemals zu meinen jetzigen Lebzeiten sehen und erfahren zu müssen. 

Photo: (c) Ravens Spirit

Nichtsdestotrotz war mein 2020 eine für mich sehr wertvolle und segensreiche Erfahrung. Nicht nur, dass ich offiziell in den Un-Ruhestand gehen durfte, was mir jetzt endlich genügend Zeit und Muße gibt, all den Dingen exzessiv nachzugehen, die ich über vierzig Jahre lang immer wieder auf die lange Bank schob. Lebenszeit ist Lebenszeit, und davon will ich wenigstens jetzt mit meinen überschrittenen sechszig noch was haben … soviel wie geht, um genau zu sein. Und ich habe vor, es zu genießen. 

Wo waren wir? Genau, bei Spass und Zeit und Muße für die Zukunft. Ich habe beschlossen, dieses zu haben. Und was ich mir so in mein Leben hole, geschieht auch, dem Gesetz der Anziehungskraft folgend. Wie lehrt mein Freund und Lehrer Tom Bluewolf : „The universe rearranges to accomodate our perception of reality“ (ein wunderbarer Satz, aber ich schaffe es nicht, ihn sinngemäß richtig zu übersetzen). Das habe ich mir gemerkt und prüfe des Öfteren einmal so für mich im Stillen nach, ob ich meine Realität auch richtig wahrnehme, damit sich das Universum danach richten kann. Bin ich dankbar? Bin ich achtsam? Kümmere ich mich um andere Verwandte, die Vierbeinigen genauso wie die Zweibeinigen, die Fliegenden oder die, die in Mutter Erde wachsen. Erkenne ich die Schönheit um mich herum? Oder zeige ich etwa gar Anzeichen eines oberflächigen, unzufriedenen Motzknochens , was ich nie sein wollte – und falls: dann aber schleunigst wieder anders denken, damit sich nicht das mich manifestiert, was ich genau nicht in meinem Leben haben wollte.

Ich werde mich wieder dem Thema Schreiben widmen – und nach all dem, was ich in der Vergangenheit von Menschen, Situationen und Gegebenheiten Schönes habe erfahren dürfen, möchte ich etwas finden, mit dem ich etwas an die Gemeinschaft zurückgeben kann. Ich bin offen dafür – mal sehen, was mir über den Weg laufen wird, das meiner Achtsamkeit und Aufmerksamkeit bedarf. Vorschläge sind gerne willkommen… 

Bei 2020 bedanke ich mich insbesondere für die „Zeit“ – etwas, was man nur einmal geschenkt bekommt und was mit jeder Sekunde wieder unwiderruflich vergeht. Bedingt durch Kurzarbeit und Home-Office hatte ich 2020 davon mehr als sonst. Und ich habe sie oft genutzt zum Spazierengehen durch Wald und Flur, meinen Gedanken nachhängend, über mich selbst reflektierend, Achtsamkeit übend, mich nach meinem Bewusstsein befragend, zum Schwatz mit meiner Seele treffend. Und ich hatte – endlich – Zeit, mit anderen Menschen darüber zu philosophieren. Das hat mir sehr viel gegeben. Viele neue Gedanken sind in dieser Zeit entstanden, viele Vorstellungen über den Haufen geworfen, viele neue Gedanken haben sich eingenistet, die sich jetzt Raum bahnen und gelebt werden wollen.  

Plötzlich – mit räumlicher Distanz zu Freunden und Familie und Jenseits des Konsums – zählen ganz andere Dinge: Zuneigung, Ehrlichkeit, Füreinander-Dasein … alle diese „esoterischen“ und aus der Mode gekommenen Dinge von Ethik, Moral, Treue, Loyalität usw. Die Spreu begann sich vom Weizen zu trennen. Manche „Freunde“ stellten sich als bessere „Trittbrettfahrer“ heraus, andere – die man vielleicht nur als gute Bekannte bezeichnet hätte – stellten ihre Freundschaft und Zuneigung unter BeweisSo manch eine unsichtbare Maske ist gefallen – ist es nicht eine Ironie, dass in der Zeit, wo wir alle sichtbar Masken tragen müssen, die unsichtbaren Masken fallen und die wahren Personen sichtbar werden?  Maskenfall im Maskenball, sozusagen.

An dieser Stelle möchte ich mich allen bedanken, die diese Zeit mit mir gedanklich und emotional in diesem Sinne geteilt haben. Ich bin froh, dass Ihr Teil meines Lebens seid. 

Vermisst habe ich wenig – Ich habe in diesen Tagen gelernt, dass man für das Leben eigentlich wenig braucht außer ehrlichen und guten Freunden, die das Leben mit einem gemeinsam lebenswert machen. Essen und Trinken – sicher. Ansonsten glaubt man gar nicht, wie kreativ man werden kann, wenn man von nichts anderem abgelenkt wird, und was man alles in Ecken herumliegen hat oder man draußen findet, aus dem man noch etwas machen kann, wenn die Läden dicht sind. Und was man mit Farben machen kann und Fäden und Nägeln und Hammer  – und was alles entstehen kann, wenn man auf den oder die hört, die tief in einem drin sitzt.  

Wenn das tägliche Einerlei, die Routine einen nicht unter Vollbeschäftigung hält wie im sogenannten normalen zivilisierten Leben – dann, ja, dann man richtig Gelegenheit, einfach nur mal Dazusein. Endlich einmal in Ruhe Gedanken denken zu können. Zeit zu haben, sich selbst zu erleben – zu erfahren, zu fühlen, dass man existiert. Und so wurde ich mir darüber bewusst: selbst existieren will gelernt sein, will man es nicht nur oberflächlich betreiben. Man muss mit sich selbst auskommen können, und das ist mitunter gar nicht so einfach.

Etwas ganz Besonderes, an das ich schon nicht mehr geglaubt habe, kam ebenfalls 2020 wieder in mein Leben: mein Sohn und meine Schwiegertochter. Ich weiß nicht (und es ist mir auch egal), ob jemand ermessen kann, wie glücklich mich das gemacht hat. Wieviel Licht und Kraft hat das wieder in mein Leben gebracht – und wieviel Freude. Danke, Schicksal, Universum, Sohn, Schwiegertochter, alle – danke für dieses Geschenk! 

Mein zweiter Sohn hat mich damit überrascht, dass er trotz der Widrigkeiten von Home-Office-Uni und Einstellen von Auslands-Praktika eine Super-Master-These hingelegt hat und trotzdem einen Praktikumsplatz in seinem bevorzugten Fachbereich gefunden hat und sich auch sonst immer wieder als hilfreicher und wertvoller Mensch präsentiert. Ich danke Dir dafür, son. Ich weiss, Du wirst Deine Lebensträume verwirklichen.

In 2020 habe ich es auch geschafft, wieder kreativ tätig zu sein, was mir im Stress des Alltags abhanden gekommen war. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Bilder gemalt. Für mich waren es Kunstwerke. Für andere vielleicht nicht. Sie waren ein Stück Selbstbewusstsein, was ich wieder errungen habe, ein Stück vom Ich. Mein Buch „Vom Licht ins Leben – der Kreislauf von Leben und Tod“, was so lange in der Schublade geschmort hat, und von dem ich nie wusste, soll ich oder nicht so einen tiefen Einblick in mich selbst geben, habe ich veröffentlicht. Und die Antworten dazu waren sehr positiv. Ein weiteres Buch über einen Griechenlandreisenden, das ich zusammen mit meinem Lebensgefährten schrieb, hat 2020 einen Verlag gefunden und wird 2021 veröffentlicht werden. Besonders gefreut hat es mich, dass ich mit einem Gedicht – und ich dachte immer, ich bin der Un-Lyriker unter der Sonne – im Lyrikband zum Thema „Saatkorn sein. Zwischen Mühlsteinen“  des Ulrich-Grasnick-Lyrikpreises 2020 aufgenommen wurde. War das eine supertolle Überraschung. Das Buch ist unterwegs und ich hoffe, ich erhalte es bald, um mich stolz damit zu präsentieren.  

In einem Workshop mit Mirko Lynx Lyckau habe ich mir eine schamanische Trommel gebaut – mit Bisonhaut. Auch dies eine Erfahrung der ganz besonderen Art, die mich innerlich tief berührt hat. Bei Ravens Spirit durfte ich dann auch noch ein paar Original-Lieder dazu üben. Danke Euch beiden für diese großartige Erfahrung. Dort habe ich dann bei Washkar Schneider auch noch die Grundzüge des Oberton-Singens üben dürfen (danke auch Dir, Washkar). Zusammen mit der kleinen Harfe und den Flöten, die ich schon zu Hause habe, fühle ich mich beinahe wie ein ganzes glückliches Orchester.  Und ich habe das Gefühl, dass dieses Lernen nicht „einfach nur so“ passierte, sondern dass es für das Jetzt und die Zukunft etwas bedeutet. Mal sehen, was daraus wird.

Noch eine positive Erfahrung aus dem Lockdown-Jahr 2020:  Ich habe Kontakte reaktiviert, die ich jahrelang vernachlässigt habe und neue Schritte in eine Post-Corona Zukunft geplant. Es fühlt sich gut an. Ich weiß, ich habe das Steuer meines Lebens in der Hand – ganz egal, was um mich herum passiert. Wenn sich auch noch nicht alles genau herauskristallisiert hat, aber ich werde interessante Aktivitäten ab 2021 beginnen, und Ihr werdet sicher demnächst mehr dazu hören. 

Einige Buchprojekte, teilweise schon schlummernde oder halbfertige, teilweise gänzlich neue, taten sich auf. Liebesgeschichte, Krimi, Biographie – ob ich sie alle in einem Jahr schaffe, ist höchst unwahrscheinlich, aber sie harren in Wartestellung auf einer langen Liste und rangeln sich um die Prioritäten. Ich freue mich auf sie und auf die Zukunft. Von mir aus darf 2021 kommen – 2020 hat mir geholfen, mich gut darauf vorzureiten.  

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein Gutes Neues Jahr 2021. Euch allen viel Glück und habt Spaß beim Existieren. 

Mit lieben Grüßen

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