Erlebnisse eines Entwicklungshelfers

„Wir besuchen eine Familie, die offensichtlich schon tagelang nichts mehr zu essen hatte. Es ist ihnen anzusehen. Sie hocken bei 45 Grad sengender Hitze vor ihrer Hütte und bewegen sich so wenig wie möglich. Großmutter rührt diese Erbsen in dem geschwärzten Topf auf einem Feuer zwischen drei großen Steinen.“

Es hat mich ungewöhnlich berührt, als ich das erste Mal das Manuskript von Karel Koninkrijk las. Vielleicht, weil ich auch tief in mir drinnen diese ‚Hummeln im Hintern‘ habe, wie er es ausdrückt, und mich fremde Kulturen, fremde Lebensweisen und andere Wege des Menschseins interessieren. Und Karel führt den Leser mit seinen Beschreibungen richtig tief hinein in eine Welt, von der wir sonst auf Plakaten von Hilfsorganisationen nur entfernt etwas ahnen können. Er lässt uns miterleben, wie das Leben dort ist: das Schwere genauso wie den afrikanischen Humor, das Elend genauso wie die Schönheiten von Mensch und Natur.

Karel stellt uns ungewöhnliche Menschen vor in seinem Buch. Menschen, die ihr Leben daran gewidmet haben, in den abgelegensten Winkeln und unter den unmöglichsten Umständen Menschen zu helfen – aus tiefstem Herzen und in ehrlicher Überzeugung. Und mitunter sind das schon recht interessante Charaktere, wenn ich da z.B. an seine Beschreibung des deutschen Pfarrers und dessen Familie im tiefen ruandischen Busch denke.

Oft brachte mich das Buch zum Schmunzeln, oft machte es mich nachdenklich. Wieviel anders ist doch das Bild, das Karel malt, gegenüber dem, was wir täglich in Nachrichten und Fernsehen vorgespielt bekommen.

Natürlich ist es kein literarisches Meisterwerk. Muss es auch nicht. Erwarte ich auch nicht von so einem Buch. Karel war Zeit seines beruflichen Lebens ein engagierter und ehrlicher Mitarbeiter in der Entwicklungshilfe. So ist seine Sprache. Ehrlich und direkt. Keine unnötigen Schnörkel, keine komplizierten Satzkonstruktionen. Leicht und einfach zu lesen beschreibt er einige Ausschnitte aus seinem Leben, wobei sein ganz spezieller (schwarz nennt er ihn selbst) Humor durch die Zeilen blinzelt.

So ganz nebenbei hat er auf seinem Lebensweg auch so einige Dinge gerissen, die er sich heute wahrscheinlich nicht mehr hinter den Spiegel steckt. Genauso ehrlich wie Karel SEIN Afrika beschreibt, geht er auch mit seinen eigenen Fehlern um,  was den Autor nicht nur menschlicher macht für den Leser, sondern durchaus auch etwas zusätzlichen Zunder ins Geschehen bringt.  Manchmal fragte ich mich beim Lesen, wie wohl Ehefrau Elly‘s Reisebericht an einigen Stellen ausgesehen hätte.

Was mir an dem Buch so gefällt:  seine Einfachheit, seine Ehrlichkeit und Karels Vermögen, mich mitzunehmen auf die Reise durch den afrikanischen Kontinent, so dass ich hinterher das Gefühl hatte, dabeigewesen zu sein. Und sein Fazit, denn das glaube ich genauso, wie es im Buche steht:

Wir Europäer haben es verlernt, das ›Einfach-nur-Herumsitzen‹. Wir müssen stattdessen joggen oder irgendetwas anderes tun. Ich nicht. Ich sitze lieber in meinem Gartenstuhl, rauche meine Pfeife und genieße die Sonne. Warum sollte man etwas tun, wenn es nicht notwendig ist? Ist es dann nicht besser, die Zeit in Ruhe mit sich und seinen Gedanken zu verbringen, sie auszukosten, ohne sich künstliche Aktivitäten zu überlegen, damit man bloß nicht zum Denken und Genießen kommt? Von Afrikanern kann man viel lernen.

Ein Holländer in Afrika – von Karel Koninkrijk.